Florenz ist eine Stadt von Weltrang, das muss man niemandem erzählen. Neben einer wunderschönen historischen Altstadt, einer riesigen Anzahl an Museen und atemberaubenden Parkanlagen liegt Florenz ja bekanntlich auch in der Toskana, und diese hat mit Chianti ein wichtiges und bekanntes Weinanbaugebiet. Und wo gehobelt wird, da fallen Späne, oder besser gesagt, wo Wein gekeltert wird, da fallen Trester an. Und aus diesen Trestern wird dann die Nationalspirituose Italiens gebrannt, nämlich Grappa.
Als ich also auf der Suche nach einem Abendbrot durch ein Supermarkt in Florenz wandelte, fiel mir die Miniatur von einem „Grappa di Chianti“ ins Auge. Ich mag Miniaturen, so bleibt nicht die Gefahr, dass man die Flasche mit nach Hause nehmen muss. Außer dem Begriff Riserva (mindestens 18 Monate Lagerung in Holzfässern) konnte ich dem Label der Flasche allerdings nichts entnehmen. Also blind gekauft, zurück ins Hotel, dort recherchiert. Anscheinend ist eine Firma namens Morelli für diesen Grappa verantwortlich. Das sind auch schon alle Informationen, die ich gefunden habe. Nicht mal die Rebsorte haben sie verraten, geschweige denn die Fassauswahl.
Verkostung des Morelli Grappa di Chianti Riserva
Der Grappa hat eine schöne bräunliche Färbung, die von der Lagerung in den Holzfässern stammt. Im Glas bewegt er sich flüssig wie Wasser und hinterlässt keine Schlieren.
Im Aroma habe ich zuerst würzigen Trester, dazu leckere Schokolade, das ergibt zusammen eine angenehme Süße. Dann mischt sich altmodisches Parfüm mit jungem Holz unter. Je länger er steht, desto mehr erinnert er mich an jungen Cognac, wäre da nicht diese sehr traubige Tresternote. Ich rieche absolut keinen Alkohol, das gefällt mir gut, doch leider ist der Grappa auch insgesamt vom Geruch her nicht sehr abwechslungsreich oder gar komplex. Aber die Schokolade, die gefällt mir!
Im Mund ist er unglaublich weich. So ein weiches Mundgefühl erlebe ich bei hochprozentigem Schnaps selten. Allerdings kommt diese Weichheit zu einem hohen Preis, denn euphemistisch gesagt hält sich der Geschmack stark zurück. Ich schmecke ein bisschen Trester und das Holz, aber sonst nichts. Langeweile im Mund, der Grappa di Chianti schmeckt nach fast gar nichts? In den offiziellen Tasting Notes (unter Monovitigni findet man die Flasche) steht „von äußerst feinem Geschmack“, so kann man das natürlich auch nennen. Immerhin auch hier wieder keinen Alkoholgeschmack und auch keine unangenehme alkoholische Schärfe, für die Grappa ja leider verschrien ist.
Im Abgang kommt dann wieder das Fass, Weintraube, Süße, die Schokolade und eine leichte Bitterkeit von der Fassreifung. So muss das sein, aber was ist mit dem Geschmack passiert?
Fazit
Ein Blindkauf im Supermarkt von Italien. Was soll ich sagen, der Grappa ist nicht schlecht, aber ich hätte mir doch ein Produkt mit Geschmack gewünscht. Im Bouquet war er ordentlich, der Abang gefällt mir auch, dazwischen gähnende Leere. Über den Preis zur Flasche kann ich mich nicht äußern, die Miniatur kostete 7€. Das ist er eindeutig nicht wert. Schade.
Servus,
ich machte mich gerade online auf die Suche nach ein paar Flaschen Grappa di Chianti Riserva von Morelli.
Ich kaufte diesen in einem italienischen Coop. Auch mag ich den Grappa Otto Luna. Den bekomme ich aber auch hier…
Ich mag dunkle, aromatische, runde und weiche Grappa’s…
Deine Kritik (meine Flasche hat ein moderneres Etikett, anderes Flaschendesign aber gleiche Cod. Acc.) finde ich gut.
Was mir fehlt ist eine alternative Empfehlung…
Hat schon mal jemand was von einem Grappa-Tasting gehört – und wo?
Gruß von einem Grappa-Fan,
Andreas