Ich habe schon von je eher eine Vorliebe für die japanische Kultur. Umso mehr freue ich mich, wenn ich einen Whisky aus einer japanischen Destillerie in meinen Händen, bzw. in meinem Glas halten darf. Nikka ist einer der größten Produzenten für Whisky in Japan und hat unter anderen die Yoichi-Brennerei und die Miyagikyo-Brennerei im Portfolio. Diese Brennereien stellen alle Single Malt her, der Nikka All Malt allerdings ist ein Blended Malt Whisky. Er ist also weder ein traditioneller Blended Whisky, noch ein Single Malt Whisky, denn hier wurden (hochwertige) Malt Whiskys aus verschiedenen Brennereien miteinander verschnitten, ohne den Whisky durch günstigere Grain Whiskys zu strecken. Das Ergebnis nennt sich „Blended Malt Whisky“.
Whisky aus Japan hat in letzter Zeit einen starken Hype erfahren, was sich vor allem in einer Preisexplosion niederschlug. Desto mehr freue ich mich, wenn ein Stöffchen den Sprung über den halben Globus schafft. Japanische Whiskys orientieren sich zwar generell an schottischen Vorbildern, haben sich allerdings dem japanischen Geschmack angeglichen. Die Brennereigründer, wie auch bei Nikka, lernten ihr Handwerk oft in Schottland, stellen nun aber meist leichte und fruchtige Whiskys her. Torfmonster wie von der schottischen Insel Islay findet man in Japan nicht.
Der Whisky ist mit Zuckerkulör gefärbt und wird ohne Altersangabe verkauft. Über die Fasszusammensetzung weiß man ebenfalls nichts, nur der Alkoholgehalt ist mit 40% eingestellt und damit am unteren erlaubten Limit für Whisky.
Verkostung des Nikka All Malt
Im Geruch ist der Whisky sehr leicht und fruchtig. Meine erste Assoziation war der Geruch von Birnen, denn neben der Frucht sprang mir außerdem eine süßsaure Spitze in die Nase, wie von Zitronenzesten. Dann macht sich der Rauch bemerkbar, allerdings eher dezent und nicht so intensiv wie bei einer Rauchbombe. Wer die hier erwartet, der wird enttäuscht werden. Der Rauch braucht einen Moment, um sich in der Nase festzusetzen. Danach befreit sich vom Rauch eine Malzigkeit, die das Bouquet maßgeblich mitbestimmt. Wahrscheinlich geht die leichte Süße eben auf dieses Malz zurück. Im Hintergrund nehme ich den Geruch von Kräutern wahr, in erster Linie den von Rosmarin. Mir schoss noch der Gedanke von Bienenwachs durch den Kopf, und ich kann verstehen, wenn das jemand dort hineindichtet, aber die Eindrücke waren mir dann doch zu schwach. Der Alkohol hält sich angenehm zurück. Man merkt zwar seine Präsenz, aber der Whisky riecht nicht alkoholisch.
Nach einiger Zeit meine ich, im Geruch eine Portion Fruchtmus mit sehr reifen Bananen auszumachen. So wie bei einem Smoothie, nur mit weniger Vitaminen. Nichtsdestotrotz bleibt der Geruch die gesamte Zeit so grazil und leicht.
Im Mund bewegt sich der Nikka All Malt ölig und viskos, er bleibt dabei aber trotzdem sehr, sehr weich. Auch der Geschmack ist leicht und unaufdringlich. Hier dominiert der Rauch, der die anderen Aromen weit in den Schatten stellt. Das einzige, was sich neben dem Rauch durchsetzten kann, ist wieder diese angenehme Malzigkeit. Ich entdecke trotzdem einen Einschlag von leicht süßsaurer Frucht. Diesmal sind es allerdings keine Zitronen oder Birnen, aber besser als „Frucht“ kann ich das nicht mehr einordnen. Auch hier erklingen wieder, wie im Geruch, Anklänge von Rosmarin. Den Alkohol schmecke ich zum Glück nicht.
Im eher kurzen Abgang verschwindet der Rauch und hinterlässt Platz für das Fruchtkompott, welches wieder deutlich mit Rosmarin gewürzt wurde.
Fazit
Der Nikka All Malt ist ein süffiger, sehr weicher und angenehm unaufdringlicher Whisky. Er verlangt keine permanente Aufmerksamkeit und ist deshalb meiner Meinung nach besonders für den Abend nach einem stressigen Tag prädestiniert.
Wenn man ihn mit einem Schotten vergleichen müsste, würde ich auf einen rauchigen Glenkinchie (gibt es den überhaupt?) oder einen Cragganmore tippen, nur mit zusätzlichem Fruchteinschlag. Ein Benromach geht zwar in eine ähnliche Richtung, ist für mich aber zu intensiv, als dass man ihn mit dem Nikka All Malt vergleichen könnte. Wenn man bei japanischem Whisky bleibt: Vom Rauchgehalt erinnert er mich an den 12-jährigen Hakushu.
Für einen Hardliner könnte dieser Whisky zu schwachbrüstig oder eintönig sein, Fans von leichteren Whisky kommen hier auf ihre Kosten. Vorausgesetzt natürlich, sie lassen sich vom Rauch nicht stören.
Schön, dass ich diesen Whisky probieren durfte.