Von selber wäre ich nie auf die Flasche Weis Williams-Christ-Birne aus der Elztalbrennerei gekommen. Zumindest geographisch kann man mir das nicht verurteilen, denn weiter weg von Berlin kann die Brennerei nicht liegen. Auch inhaltlich hatte ich die Flasche nicht auf den Schirm, bis Andreas sie mir eines Tages in die Hand drückte. Vielen Dank dafür!
Zum Inhalt selber lässt sich nicht viel sagen. Ein Williamsbrand wird aus der Williams Christ-Birne gebrannt. Überraschung! Spannend dabei sind wahrscheinlich die Flaschen, in denen eine ganze Birne liegt. Da hat die Sendung mit der Maus ein schönes Erklärvideo dazu (man sucht nach „Birne in der Flasche“), alternativ geht auch Wikipedia.
Der Williams von Weis hat zwar keine Birne in der Flasche, aber dafür eine abgefahrene Flaschenform, im Foto kann man sie erahnen. Mit 40% Alkohol wurde er in eben diese Flasche abgefüllt.
Verkostung der Weis Williams-Christ-Birne
Der Birnenbrand liegt dünnflüssig im Glas, nach dem Schwenken fließen einzelne Beinchen zurück ins Glas.
Im Geruch ist der Williams aus der Elztalbrennerei sehr zurückhaltend. Es steigt eine erkennbare, aber sehr undefinierte Birne aus dem Glas auf. Sie ist fruchtig süß und nicht sauer. Das erinnert mich ein bisschen an einen gewöhnlichen Obstler, nur der Apfel fehlt. Leider begleitet einem eine prägnante und störende Note nach Lösungsmittel. Das gibt Abstriche, denn es stört wirklich das Nosen. Je länger ich meine Nase über das Glas halte, desto süßer und zuckriger kommt mir die Birne vor, sie bleibt dabei aber recht unscharf. Der Alkohl ist mit der Lösungsmittelnote präsent, aber direkt rausriechen tue ich ihn nicht.
Im Mund kommt mir der Weis Williams-Christ-Birne mitelschwer vor. Hier kommt nun deutlicher die Birne zum Vorschein. Sie ist reif und saftig, ohne überreif zu wirken. Ein bisschen schmeckt man die Schale. Danach kommt eine alkoholische Schärfe, die zwar vertretbar ist, aber, wie wir wissen, so nicht sein muss. Naja, man kann nicht alles haben. (Und der verlinkte Grappa war in dieser Hinsicht echt gut.) Eine Hitze im Mund setzt ein, die zieht sich dann wärmend bis in den Bauch. Wenn man den Birnenbrand länger im Mund behält, treten Anklänge von Lösungsmittel und alkoholischer Bitterkeit auf. Eine leichte Kühlung tut dem Birnenbrand gut, das mindert die Schärfe des Alkohols.
Im Abgang macht sich dann dieser Alkohol besonders bemerkbar und überschattet zu Beginn sogar den fruchtigen Eindruck. Erst wenn man alle Flüssigkeiten runtergeschluckt hat und im Mund eine Trockenheit zurückbleibt, dann kann man den Geschmack von Birnenschalen genießen. Sehr lecker!
Mixability
Wenn ich dem Fazit mal vorweg greifen darf, der Williams aus der Elztalbrennerei hat eine eher schwache Nase, aber einen durchaus verwertbaren und breiten Geschmack. Ich dachte mir, dieser Birnenbrand schreit doch direkt danach mit ein paar Zutaten aufgewertet zu werden. Ich hab einiges in meinem Geschmackslabor ausprobiert, die Flasche auf dem Foto ist ja auch schon halb leer, am meisten überzeugte mich aber folgendes Rezept. Es stellt die Birne zwar nicht in den Vordergrund, aber sie untermalt wunderbar diesen sehr weihnachtlichen Drink. Laut meines Wissens (und Googles nach) gibt es das Rezept noch nicht, daher taufe ich den Cocktail (in Ermangelung eines guten Namens) an dieser Stelle Postgres. (Google-Link)
Postgres-Cocktail
2cl Weis Williams-Christ-Birne
2cl Amaretto (zB Madruzzo Amaretto)
2cl Becherovka
Der Amaretto verbindet sich mit dem Becherovka und gibt eine angenehm süße und durch den Becherovka auch eine komplexe und interessante Nase ab, das Lösungsmittel der Birne wird so übertüncht. Im Geschmack dominiert der Amaretto und mildert die Bitterkeit des Becherovkas ab, wofür ich ganz dankbar bin. Die Birne trumpft hier voll auf und untermalt diese Kombination mit einer sehr angenehmen und passenden Fruchtnote (eben Birne). Dieser Drink ist sehr weihnachtlich und passt wunderbar in die Adventszeit. Achtung: Nur für Süßmauler tauglich.
Zwei kleine Abwandlungen sind ebenfalls möglich: Wenn man es noch lieblicher mag, kann man noch einen Schuss Lavendelsirup hinzugeben. Aufpassen muss man mit der Menge, sonst wird er zu süß. Wenn man im Gegenteil es eher nicht so süß möchte und einem der Amaretto zu sehr vorschmeckt, der Postgres funktioniert auch mit nur 1cl Amaretto. Er wandelt allerdings sein Gesicht, jetzt hat er mehr Power und der Becherovka sorgt für einen bitteren Abgang.
Fazit
Ein paar Fehlnoten begleiten diesen Birnenbrand, von der Nase bis in den Magen. Dennoch ein recht solides Produkt. Am besten gefällt er mir im Postgres, besser sogar noch als pur. Würde ich eine Flasche nachkaufen, sobald diese leer ist? Vermutlich eher nicht.