Als bekennender Spirituosenfreund freue ich mich natürlich immer riesig, wenn jemand an mich denkt und mir etwas mitbringt. Wenn das dann auch noch aus einer kleinen familiengeführten Kleinstbrennerei stammt, freue ich mich umso mehr. Ich habe hohen Respekt vor den Leuten, die an der Brennblase stehen und die Kunst des Brennens beherrschen. Und solch ein Resultat habe ich heute stehen: Ein Weintraubenbrand (man bemerke das ist kein Weinbrand!) von Andreas Hecker aus einer kleinen Brennerei im Schwarzwald.
Ich selber war leider nicht vor Ort, daher kann ich zur Brennerei nicht viel sagen. Auch die Informationssuche im Internet war nicht vom Erfolg gekrönt. Ich habe auch keine Webseite oder ähnliches gefunden. Allerdings wurden einige Brände von dem Verband Badischer Klein- und Obstbrenner prämiert. Das spricht doch erst mal für die generelle Qualität, nicht wahr?
Was außerdem für diesen Brand spricht ist sein Preis und das Alkoholvolumen. 45% Alkohol wurde ihm spendiert, und das für gerade mal 7€ der halbe Liter. Das ist wirklich günstig und die 45% sollten für einigen Geschmack sorgen. Schmecken wir doch also mal rein.
Verkostung des Hecker Weintraubenbrand
Dieser Brand aus Weintrauben liegt klar und ohne Einschlüsse im Glas. Er bewegt sich sehr lebendig, dementsprechend bilden sich an der Glaswand auch so gut wie keine Schlieren.
Aroma
Mein erster Gedanke zum Geruch war: Der riecht wie ein Mezcal! Säuerlich, salzig, gar schwitzig, nur ohne den typischen Rauch. Erst dahinter mache ich dann die eigentliche Weintraube aus, fruchtig und leicht süß. Ich vernehme Eindrücke von Trestern, bei der Herstellung wurden bestimmmt die Schalen mit eingemaischt. Bemerkenswert ist eine ausgeprägte Mineralität. Nach einiger Zeit kommen noch kandierte Birnen dazu. Insgesamt speziell, aber in der Nase wirklich angenehm. Auf mich wirkt er wie eine Fusion aus Mezcal und Grappa. Sehr interessant!
Geschmack
Im ersten Schluck ist der Hecker Weintraubenbrand stark, sogar fast zu stark. Die 45% sorgen für ordentlich Dampf unter der Haube. Spätestens jedoch nach dem zweiten oder dritten Schluck hat man sich an die Alkoholstärke gewöhnt. Danach brennt der Alkohol nicht mehr, der eigentliche Geschmack füllt nun den Mund aus und sorgt so für ein sehr intensives Erlebnis. Ich finde den Alkoholgehalt bei 45% perfekt eingestellt und dem Brand angemessen!
Der Antrunk ist trocken und säuerlich. Im Mund angekommen ist dann der Weintraubenbrand auch gar nicht so süß, wie man es vielleicht erwartet hätte. Stattdessen glänzt er mit einer ordentlichen Prise Salz und Mineralität. Das ist speziell und kein Mainstream, das gebe ich zu. Aber wer abseits der ausgetretenen Pfaden sucht, der findet hier vielleicht ein Kleinod. Mich erinnert er entfernt an den Grappa Franciacorta Chardonnay.
Abgang
Die eigentliche Frucht, sprich die Weintraube, kommt erst im Abgang vollständig zum Tragen. Davor hat man den Eindruck von Grappa auf der Zunge. Neben der Weintraube bleibt der Eindruck von Salz erhalten, gepaart mit einer aufkommenden Bitterkeit. Das ist mir tatsächlich etwas unangenehm. Vertröstet werde ich mit der Dauer des Abgangs; der Weintraubengeschmack bleibt mir einige Zeit erhalten.
Fazit
Wow, dieser Weintraubenbrand ist eigenständig und ein ernstzunehmender Brand. Er ist eine Mischung aus Grappa und Mezcal, so etwas findet man nicht so oft. Kurz kam in mir der Gedanke auf, ob ihm eine anschließende Fassreifung eventuell gut getan hätte. Das würde einige Kanten glätten und wäre auf jeden Fall sehr spannend zu probieren.
Wer ist die Zielgruppe und kann man ihn pur trinken? Ja, man kann ihn pur trinken. Alle die gerne einen ungesüßten Grappa trinken sollten sich angesprochen fühlen, diese könnten hieran Gefallen finden. Man sollte sich aber im Klaren sein, dass dieser Weintraubenbrand durch die fehlende Süße definitiv kein Mainstream ist. Aber es gibt sicher eine Nische, in der Genießer Gefallen daran finden.
Mich persönlich reizt die Nähe zum Mezcal. Möglicherweise funktioniert eine Margarita mit dem Weintraubenbrand? Ich werde mich auf jeden Fall noch einige Zeit mit diesem besonderen Brand von Andreas Hecker beschäftigen.